Eine Massenpartei kann als zentralistische Organisation nicht sinnvoll arbeiten. Würde das gesamte Parteileben nur aus dem Bundesverband bestehen, wäre die innerparteiliche Demokratie praktisch nicht vorhanden.
Daher muss die Partei regional unterteilt werden, damit jedes Mitglied an seinem Wohnort (oder zumindest in der näheren Umgebung) an der politischen Arbeit teilhaben kann. Auch in Zeiten des Internets, wo die Hierarchien flacher werden, sind Gebietsverbände noch immer eine bedeutendes Element der Parteiorganisation.
Was ist ein Gebietsverband?
Eine regionale Abteilung der Partei, z. B. alle Mitglieder in einem Bundesland oder in einer Gemeinde. (§ 7 Abs. 1 Satz 1 PartG) Der Gebietsverband ist rechtlich nicht selbständig, sondern eine Zweigorganisation der Gesamtpartei.
Welche Gebietsverbände sollen eingerichtet werden?
Das kann die Partei völlig frei in ihrer Satzung regeln. Es bieten sich jedoch folgende Verbände an, die sich an der staatlichen Einteilung orientieren:
1. Landesverbände (in jedem Bundesland)
2. Bezirksverbände (sofern im jeweiligen Bundesland Regierungsbezirke existieren)
3. Kreisverbände (in Landkreisen und kreisfreien Städten)
4. Ortsverbände (in Gemeinden)
Von allzu eigenwilligen Konstruktionen wie der historisch bedingten Einteilung der SPD in Bezirke und Unterbezirke ist dringend abzuraten, da dies zu unerwünschten Ergebnissen und erheblichen Organisationsproblemen, vor allem im Hinblick auf Wahlen, führen kann.
Wie viele Mitglieder braucht ein Gebietsverband?
Da ein Gebietsverband keine zwei Schiedsgerichte braucht, kommt man hier ohnehin nicht auf eine Mindestmitgliederzahl von fünf. Die Argumente der geheimen Wahl und des dreiköpfigen Vorstands gelten aber auch hier, sodass man drei Mitglieder jedenfalls benötigt.
Die Satzung kann jedoch eine höhere Mindestmitgliederzahl festlegen.
Was muss ich bei der Satzung für einen Gebietsverband beachten?
Die Satzung eines Gebietsverbands darf lediglich das regeln, was nicht durch höhere Ebenen geregelt ist. (§ 6 Abs. 1 Satz 2 PartG) Sieht die Bundessatzung verbindlich vor, dass die Ortsverbände die Mitgliedsbeiträge einziehen, darf der Landesverband diese Aufgabe nicht den Kreisverbänden zuordnen. Dies gilt übrigens nicht nur für die Satzung eines übergeordneten Verbands, sondern auch für einfache Beschlüsse.
Sind Gebietsverbände Pflicht?
Ja, allerdings ist diese Pflicht praktisch nicht durchsetzbar. Keine staatliche Stelle wird einen Bescheid erlassen, der die Partei unter Androhung von Sanktionen verpflichtet, Landesverbände zu gründen.
Gebietsverbände werden ohnehin entstehen, wenn die Partei groß genug wird. Ob eine Partei mit zehn Mitgliedern in ganz Deutschland nun auch noch einen Landesverband gründet oder nicht, interessiert niemanden. Hat die Partei erst einmal 5000 Mitglieder, werden sich die hessischen Mitglieder von selbst zusammenfinden, um ihre eigenen Verantwortlichen zu wählen.
Gibt es eine Pflicht der Partei, Landesverbände einzurichten?
Grundsätzlich nicht.
Das Parteiengesetz geht zwar davon aus, dass Parteien Landesverbände besitzen, schon allein, weil dies bei allen bundesweit tätigen Parteien auch tatsächlich so ist. Daher haben die Landesverbände auch im PartG festgelegte eigene Rechte und Pflichten (z.B. § 6 Abs. 3, § 22, § 24 Abs. 3 PartG).
Zudem ist eine Partei verpflichtet, Untergliederungen einzurichten, wie sich aus den § 7 Abs. 1 Satz 1 PartG ergibt.
Außerdem setzt § 7 Abs. 2 PartG voraus, dass es auch Parteien ohne Landesverbände geben kann, da hier eine spezielle Regelung für das Fehlen von Landesverbänden getroffen wird: Soweit keine Landesverbände, aber untergeordnete Gliederungen (Bezirks-, Kreis- oder Ortsverbände) bestehen, übernehmen die Gebietsverbände der höchsten Stufe die Aufgaben der Landesverbände.
Sind länderübergreifende Landesverbände zulässig?
Dies ist umstritten.
Grundsätzlich geht das Parteiengesetz davon aus, dass ein Landesverband das Gebiet eines Bundeslandes abdeckt. An die Stelle eines nicht existierenden Landesverbands können dann untergeordnete Verbände (also z.B. die Kreisverbände dieses Bundeslandes) treten, vgl. § 7 Abs. 2 PartG.
Dass übergeordnete Verbände die Aufgabe des Landesverbands (und ein solcher wäre ein länderübergreifender Landesverband) übernehmen, ist an sich nicht vorgesehen. In dem Falle würde sich also die Frage stellen, ob die Angelegenheiten dieses Bundeslandes dann vom länderübergreifenden Landesverband vertreten werden können oder nicht.
Aufgrund der Parteiautonomie müsste dieser Verband schon zulässig sein. Allerdings gibt es rechtliche Zuständigkeitsfragen, sodass man nicht unbedingt dazu raten kann.
Was mache ich, wenn meine Partei so klein ist, dass sich keine Gebietsverbände lohnen?
In dem Fall sollte das Augenmerk zunächst darauf liegen, neue Mitglieder zu finden.
Welche Ordnungsmaßnahmen sind gegen Gebietsverbände zulässig?
Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 PartG:
1. Auflösung
2. Ausschluss
3. Amtsenthebung von Organen
Wie muss dies satzungsmäßig abgesichert werden?
Die Satzung muss die Tatbestände und das Verfahren vorschreiben. (§ 16 Abs. 1 Satz 2 PartG)
Wer verhängt die Ordnungsmaßnahme und wie muss sie bestätigt werden?
Normalerweise ein übergeordneter Vorstand. Dieser braucht die Bestätigung durch ein höheres Organ, also bspw. durch einen allgemeinen Parteiausschuss oder durch den übergeordneten Vorstand. (§ 16 Abs. 2 Satz 1 PartG)
Zudem muss sich zwingend der nächste Parteitag mit der Ordnungsmaßnahme beschäftigen und sie bestätigen oder aufheben. Wird nicht darüber entschieden oder sie nicht bestätigt, gilt sie in jedem Fall als aufgehoben.
Ist es sinnvoll, Gebietsverbände aus der Partei zu werfen?
Nein.
Was passiert in dem Fall mit den Mitgliedern des Gebietsverbands?
Das ist unklar. Wahrscheinlich werden sie dann Mitglieder des ausgeschlossenen Verbands, die Mitgliedschaft in der Partei erlischt. Da bisher kaum eine Partei jemals einen Gebietsverband ausgeschlossen hat, musste diese Frage auch kaum jemals beantwortet werden.
Wie funktioniert das schiedsgerichtliche Verfahren über Ordnungsmaßnahmen gegen Gebietsverbände?
Wie das normale Schiedsgerichtsverfahren auch.
Der Gebietsverband wird dabei durch seinen Vorstand vertreten. Möglicherweise sollte der betroffene Gebietsverband zuerst noch einen Parteitag mit Neuwahlen einberufen, um sicherzustellen, dass der Vorstand das Vertrauen der Basis besitzt. Nicht selten wird es ja gerade das Verhalten des Vorstands gewesen sein, das die Ordnungsmaßnahme ausgelöst hat.
(Letzte Aktualisierung: 19.09.2024)