Kapitel 9: Schiedsgerichte

Für innerparteiliche Konflikte ist eine Schiedsgerichtsbarkeit vorgesehen.
Für innerparteiliche Konflikte ist eine Schiedsgerichtsbarkeit vorgesehen.
Die Schiedsgerichte sind der juristische Arm einer Partei. Sie greifen dort ein, wo es nicht mehr um politische Erwägungen, sondern um die Feststellung von Recht und Unrecht geht.

Wofür sind die Schiedsgerichte zuständig?

Für alle innerparteilichen Streitigkeiten zwischen Verbänden, Organen und Mitgliedern. (§ 14 Abs. 1 Satz 1 PartG) Praktisch wich­tig sind vor allem Ausschlussverfahren. (§ 10 Abs. 5 PartG)

Warum braucht es überhaupt Schiedsgerichte?

Das Parteienrecht kennt zwei grundlegende Prinzipien: Das Demokratieprinzip und das Prinzip der Staatsfreiheit.

Um das Demokratieprinzip sicherzustellen, braucht es eine Kontrolle von einflussreichen Personen und Organen der Partei, insbesondere des Vorstands. Diese Kontrolle darf aber nicht unmittelbar bei den staatlichen Gerichten liegen, da ansonsten die Staatsfreiheit nicht gewährleistet wäre.

Daher hat das Parteiengesetz die Schiedsgerichte als unabhängige Kontrollinstanzen der Partei eingeführt.

Wie viele Schiedsgerichte braucht eine Partei?

Sowohl bei der Gesamtpartei als auch bei den höchsten Ge­bietsverbänden müssen Schiedsgerichte eingerichtet werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 PartG), in der Regel also ein Bundesschiedsgericht und darunter die Landesschiedsgerichte.

Ist dies organisatorisch nicht zu bewältigen, sollte man zwei Instanzen des Bundesschiedsgerichts einrichten, sodass hier der In­stanzenzug gewahrt wird. Ob die Landesverbände nun eigene Schiedsgerichte haben, ist in der Praxis nicht mehr wirklich relevant.

Die Schiedsgerichtsordnung könnte dies folgendermaßen festlegen:

(1) Es bestehen folgende Schiedsgerichte:
1. Parteischiedsgericht
2. Bundesschiedsgericht
3. Landesschiedsgerichte

(2) Über Parteiausschussverfahren entscheidet in der ersten Instanz das Bundesschiedsgericht, in der Berufungsinstanz das Parteischiedsgericht.

Die Bezeichnungen als „Parteischiedsgericht“ bzw. „Bundesschiedsgericht“ sind natürlich bedeutungslos und können beliebig ausgetauscht werden.

Wie viele Schiedsgerichte braucht ein Gebietsverband?

Eines reicht.

Wie kann für mehrere Kreisverbände ein gemeinsames Schiedsgericht eingerichtet werden?

Durch Satzung oder durch Beschluss der beteiligten Parteitage. (§ 14 Abs. 1 Satz 2 PartG)

Welches Organ wählt die Mitglieder eines gemeinsamen Kreisschiedsgerichts?

Das ist schwierig zu beantworten.

Bei einigen Landesverbänden der CDU gibt es einen Bezirks­verband, dessen Parteitag das gemeinsame Schiedsgericht der beteiligten Kreisverbände wählt. Faktisch handelt es sich also um ein Bezirksschiedsgericht.

Besitzen die Kreisverbände kein gemeinsames Organ, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Entweder wählt jeder Kreisparteitag nach einem bestimmten Schlüssel eine bestimmte Zahl an Schiedsrichtern. Oder die Kreisparteitage wählen Delegierte, die dann gemeinsam das Schiedsgericht wählen. Beide Verfahren sind aber in der Praxis deutlich zu aufwendig.

Angesichts der erfahrungsgemäß eher geringen Zahl von Verfahren für das Kreisschiedsgericht lohnt sich dieser Aufwand meistens nicht und man sollte eher komplett von der Einrichtung absehen.

Was ist überhaupt die „Kreisstufe“, vor allem, wenn sich die Kreisverbände meiner Partei nicht mit den staat­lichen Landkreisgrenzen decken?

Zu den Kreisen wird man wohl alles unterhalb des Landes­verbands rechnen. Werden also Bezirksverbände eingerichtet, können diese ebenfalls ein gemeinsames Schiedsgericht haben.

Kann auch für mehrere Landesverbände ein gemeinsames Schiedsgericht eingerichtet werden?

Nein.

Wer darf Schiedsrichter sein?

Jeder, mit Ausnahme von Vorstandsmitgliedern und Parteian­gestellten. Dabei ist zu beachten, dass bspw. auch Kreisvorsitzende keine Mitglieder des Landesschiedsgerichts sein dürfen. (§ 14 Abs. 2 Satz 2 PartG)

Hintergrund ist, dass die Unabhängigkeit eines Schiedsgerichtsmitglieds nicht gewährleistet wäre, wenn dieses zugleich einem Organ angehört, das er maßgeblich kontrollieren soll.

Dürfen Schiedsrichter Delegiertenämter bekleiden?

Ja, der Wortlaut von § 14 Abs. 2 Satz 2 PartG erfasst Delegierte (Mitglieder von Vertreterversammlungen) ausdrücklich nicht. Ebenso dürfen sie Kassenprüfer, Kandidaten für öffentliche Wahlen und Mitglieder von Arbeitskreisen u.ä. sein.

In all diesen Fällen ist die Unabhängigkeit der Schiedsrichter nicht gefährdet.

Müssen die Schiedsrichter Juristen sein?

Nein. Die Satzung kann dies allerdings vorsehen. Bei den großen Parteien wird regelmäßig gefordert, dass zumindest der Vorsitzende Jurist ist.

Sind die Mitglieder der Schiedsgerichte Richter im Sinne von § 339 StGB?

Wohl nicht.

Die Frage ist zwar anscheinend noch nie gerichtlich entschieden worden, allerdings geht die Literatur davon aus, dass Richter im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 StGB nur ein staatlicher Richter ist. Der dort genannte ehrenamtliche Richter ist lediglich bspw. ein Schöffe, der eben Teil eine staatlichen Gerichte ist. Private Schiedsgerichte sind nicht umfasst.

Dies könnte man allenfalls deswegen anders sehen, weil die Parteischiedsgerichte ja die staatliche Gerichtsbarkeit verdrängen und an deren Stelle treten. Um das in die Strafbarkeit wegen Rechtsbeugung (§ 339 StGB) einfließen zu lassen, bräuchte es aber wahrscheinlich eine ausdrückliche Regelung.

Wie soll eine Schiedsgerichtsordnung aussehen?

Dies wird wahrscheinlich später einmal auf diesen Seiten behandelt.

Bis dahin raten wir dazu, die Schiedsgerichtsordnungen anderer Parteien zu studieren und sich daraus unter Berücksichtigung der vorher genannten Überlegungen eine für die Partei passende Schiedsgerichtsordnung zusammenzubauen.

(Letzte Aktualisierung: 19.09.2024)

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