Ein CDU-Mitglied hatte von seinem Kreisverband im Wesentlichen verlangt, ihm Kontoauszüge aller Bankkonten des Verbands für die Jahre 2014 bis 2017 zur Verfügung zu stellen. Damit wollte er vor allem nachprüfen, ob die Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträge korrekt vereinnahmt würden.
Nachdem sein Wunsch vom Kreisvorstand abgelehnt wurde, klagte er vor den Parteigerichten darauf. In letzter Instanz beschäftigte sich das Bundesparteigericht mit der Frage und kam zu einer durchaus interessanten Ergebnis:
Jederzeitiges Auskunftsrecht der Mitglieder
Es besteht ein Auskunfts- und Einsichtsrecht des Mitglieds in Unterlagen des Vereins. Dies ergibt sich aus der Mitgliedschaft, da nur ein informiertes Mitglied seine Rechte effektiv wahrnehmen kann.
Dieses Recht kann er nicht nur im Rahmen von Mitgliedsversammlungen wahrnehmen. Eine Entlastung des Vorstands für die betreffenden Jahre steht einer Nachprüfung der Unterlagen nicht entgegen Die Satzung kann dieses Recht nicht einschränken.
Dazu gehören auch Fragen zur Einnahmepolitik des Vereins, da die Finanzausstattung für das Vereinsleben (bei einer politischen Partei gerade auch für den Wahlkampf) besonders bedeutend ist.
Datenschutz muss zurücktreten
Datenschutzgesichtspunkte ändern daran nichts, da die Partei ohnehin Rechenschaft über ihre Finanzen ablegen muss. Aufgrund der Notwendigkeit der innerparteilichen demokratischen Kontrolle und der Bedeutung der Parteien für den demokratischen Staatsaufbau muss der Datenschutz zudem hinter die Kontrollrechte zurücktreten. Wie diese Abwägung in einem Verein, der keine Partei ist, ausfallen würde, ist freilich eine andere Frage.
Auch nach der Neuregelung des Datenschutzes auf EU-Ebene sei die Bekanntgabe solcher Daten zulässig, da dies gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b DSGVO („die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags erforderlich“) zur Verfolgung des Vereinszwecks rechtmäßig sei.
Die Einsicht kann auch den Rechenschaftsbericht, die Kontoauszüge und die Mitgliederliste betreffen.
Aber: Einfachster Weg zu wählen
Da die Erfüllung eines Auskunftsbegehrens unter Umständen sehr aufwendig sein und eine Belastung für den Verein darstellen kann, ist das Mitglied nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehalten, den einfachsten Weg zum Erhalt der benötigten Informationen zu beschreiten.
Der einfachste Weg ist derjenige, der das Informationsziel mit dem geringsten Aufwand für den Verein bietet. Hier hätte er die Einsicht in eine Liste ausstehender Beiträge einklagen können, bevor er sämtliche Kontoauszüge und Mitgliederlisten herausverlangte.
Bedeutung der Entscheidung
Die Entscheidung hat Bedeutung über den Einzelfall hinaus. Sie wendet nämlich nicht CDU-Satzungsrecht, sondern allgemeines Parteien- bzw. sogar Vereinsrecht an. Auch, wenn der Beschluss natürlich nur innerhalb der CDU wirkt, fasst das Schiedsgericht doch die allgemeine (staatliche) Rechtsprechung zusammen. Nicht vollständig auf Vereine übertragbar sind jedoch die Argumente zum Datenschutz (siehe oben).
Demnach kann also jedes Mitglied fast vollumfängliche Auskünfte über Vereinsinterna verlangen, sofern er nur irgendein relevantes Interesse daran hat. Da die Kontrolle des Vereinsvorstands – auch in finanzieller Hinsicht – ein solches Interesse ist, gibt es praktisch kaum eine Grenze für dieses Auskunftsrecht.
Man wird abwarten müssen, wie sich diese Entscheidung in der Praxis auswirken wird. Derzeit sieht bspw. noch § 27 Abs. 1 des SPD-Organisationsstatuts vor, dass kein Mitglied solche Auskünfte verlangen darf. Nach der hier vom CDU-Bundesparteigericht vertretenen Meinung wäre diese Regelung ungültig.