Judith Rahner, Expertin für Gender Studies, Musik- und Erziehungswissenschaften, hat sich gegenüber dem SWR zur neuen politischen Vereingung „Widerstand 2020“ geäußert. In der ersten Frage ging es dabei auch um die parteienrechtliche Einordnung, insbesondere darum, ob diese Vereinigung schon als Partei im Sinne des Parteiengesetzes anzusehen ist.
Was eine Partei im Sinne des Parteiengesetzes ist, erklärt § 2 Abs. 1 PartG. Hierunter fallen Organisationen, die
- dauernd oder für längere Zeit
- für den Bereich des Bundes oder eines Landes
- auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und
- an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen,
- wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten, insbesondere
- a) nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation,
- b) nach der Zahl ihrer Mitglieder und
- c) nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit.
Die von Frau Rahner getätigten Aussagen sind daher recht zweifelhaft:
zu einer Partei gehört zunächst auf jeden Fall mehr als nur ein Thema
Das ist in dieser Pauschalität wohl nicht richtig.
Unbestritten ist, dass eine Partei kein Vollprogramm braucht, das zu jeder erdenklichen politischen Frage Stellung nimmt. Auch wird allgemein angenommen, dass ein Programm nicht einmal alle Politikfelder bedienen muss, sondern sich vielmehr auf Schwerpunkte konzentrieren kann.
Eine Ein-Themen-Partei stellt dann sozusagen die radikalste Form der Schwerpunktsetzung dar. Dies könnte mit dem Merkmal der Einflussnahme auf die politische Willensbildung kollidieren, die diese bei nur einem Thema naturgemäß begrenzt ist. Es müsste sich dann dabei um ein bedeutendes Thema handeln, bei dem erheblicher politischer Gestaltungswille besteht. Zugleich wird man gerade einer jungen Partei zugestehen müssen, dass sie sich wenigstens vorerst thematisch enger aufstellt als eine etablierte Partei.
Und schließlich ist zu beachten, dass die Partei zwar ein schriftliches Programm haben muss, sich die Programmatik aber nicht darauf beschränken muss und politische Äußerungen (und damit Einflussnahme auf die Willensbildung) auch außerhalb des Programms möglich sind.
Das sollen jetzt mehr als 100.000 Mitglieder sein – teilweise mehr als bei den Grünen, der AfD oder der CDU. Da stellt sich die Frage, ob das wirklich so ist.
Richtig ist, dass die Zahl der Mitglieder bedeutsam ist, wobei es jedoch keine feste Grenze gibt. Ebenso muss man feststellen, dass eine automatisierte Erfassung und Eintragung von Mitgliedern (die hier möglicherweise vorliegt) wohl nicht ausreicht, um eine Mitgliedschaft im Sinne des Parteiengesetzes zu begründen.
Sofern es jedoch eine Gründungsversammlung gab, dürften zumindest einige anfängliche Mitglieder und ein gewählter Vorstand vorliegen. Diese können dann durch bewusste Aufnahmeentscheidungen ohne Weiteres neue Mitglieder aufnehmen. Man wird davon ausgehen können, dass die auch passiert ist, bis die Zahl der Aufnahmeanträge dann sprunghaft gewachsen ist und nicht mehr zu bearbeiten war.
Ob dem so ist und ob die Zahl der „echten“ Mitglieder dann den Anforderungen an eine Partei entspricht, lässt sich ohne nähere Informationen aber nicht beurteilen.
Der dritte Aspekt, der für eine Partei noch fehlt, ist das Transparentmachen der Spendeneinnahmen
Das ist so nicht richtig.
Es stimmt, dass eine Partei über ihre Einnahmen und auch über Spenden Rechenschaft ablegen muss. Ein Verstoß dagegen kann zu empfindlichen Geldbußen führen, ändert aber nichts am Parteienstatus. Zudem müssen die meisten Angaben im finanziellen Rechenschaftsbericht erfolgen, der erst am Ende des folgenden Kalenderjahrs beim Bundestag eingereicht werden muss. Dafür hat „Widerstand 2020“ also noch bis 31.12.2021 Zeit.
Sonst sind sie als Partei gar nicht zugelassen.
Es gibt keine Parteizulassung im Sinne eines allgemeinen Prüfverfahren. Die Frage, ob es sich um eine Partei handelt, wird nur dann geprüft, wenn dies relevant wird.